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Brot, fritten und ein Riesenrad

Wir sind eingeladen vom Büro der Regionen Aachen-Stadt- und Land an der Kirchenbank für den Solidaritätslauf Werbung zu machen. Eine wichtige Aktion, der wir uns gerne anschließen – ist Armut doch ein Thema, das seit je her auf die Bank gehört. So läuft die die Bank an einem Donnerstag im September auf ihren Rollen mit und hält vor den bunten Läufersilhouetten am Dom, die für Solidarität mit arbeitslosen Menschen in der Städteregion bzw. Bistum werben. Der Flyer, den wir verteilen, gibt ein paar Erklärungen dazu, wie man spenden kann. Die meisten Passanten lassen sich für das Thema erwärmen; und so ist auch schnell ein Teil der Flyer unters Volk gebracht. Wir bekommen Hunger. Da hilft eine Fritte mit Mayo, die ich schnell an einer Frittenbude um die Ecke hole.  Wir essen und vertiefen uns zwischendrin immer mal wieder in Gespräche, sodass meine Frittenschale halb leer auf dem Bistrotisch stehen bleibt. Ein Paar, ein Mann und eine Frau, kommen vorbei. Nicht obdachlos, scheinbar aber materiell arm. Sie hat Hunger und fragt, ob sie meine Fritten haben darf. Sie darf. Die beiden nehmen sich auch noch Karten mit und gehen nach einem kurzen Kontakt weiter. Und kommen nach einer Weile zurück. Sie will meinen Namen wissen. wir stellen uns einander vor. Kristin und Margit. Jetzt nimmt sie sich noch eine Rose mit und steckt sie in ihren Rucksack, bevor wir endgültig auseinander gehen. Der nächste Termin bei Maria 2.0 wartet. Wir ziehen weiter. Die Bank scheppert störrisch übers Pflaster. Trotz Rollen ist es heute abend ziemlich anstrengend, die alte Dame zu schieben – sie fühlt sich gerade wie ein Pflegefall an und wir Pflegekräfte sind nach einem langen Arbeitstag ein bißchen müde. Zwei junge Männer kommen vorbei. Es schießt mir durch den Kopf, wie gut es doch wäre, wenn sie für uns die Bank tragen würden. Kaum sind wir aneinander vorbei, halten die beiden an, drehen sich um, lachen amüsiert und fragen, wo die Bank denn hin müsse. Payam (einer der beiden jungen Männer) meint, er habe meinen Wunsch gefangen. Ratz fatz wird die Bank hochgehoben und an Ort und Stelle transportiert, wo Maria, die Himmelskönigin – heute mal aus Holz und mit einem sehr verschmitztem Gesichtsausdruck – auf ihr Platz nimmt. Der Bischof hat einen Termin oder hat sich vor dem Lamento und der Kritik der Frauen verdrückt. Was soll man dazu sagen? Maria, ihm schmeckt`s (anscheinend) nicht! Wir kommen mit der Bank am Riesenrad vorbei. Yasmin schießt ein tolles Bild. Und mir fällt plötzlich wieder die Frau ein, mit der ich heute mein Essen geteilt habe. Ein Abendmahl – statt Brot Fritten teilen – wie zufällig passiert in einer flüchtigen, aber intensiven Begegnung. Dann die Männer, die uns beim Tragen geholfen haben, als wir müde waren. Ein Aachener Priester, der die Veranstaltung der Frauen besucht hat, mit dabei war, und zuhörte. Solidarität. Die Bank unterm dem blinkenden Riesenrad. „What goes up, must come down“. 

Margit Umbach