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Die lächelnde Madonna

Im Mai 2022 haben wir das große Glück, eine wunderbare Woche in Zentralspanien verbringen zu können. Mein Mann und ich besuchen vier beeindruckende Städte und haben „Kultur pur“.

Unter anderem schauen wir uns natürlich auch die jeweiligen Kathedralen an, von denen einige zum Weltkulturerbe gehören. Ausgestattet mit dem obligatorischen Audioguide betreten wir die heiligen Hallen und sind meist erst einmal tief beeindruckt von der Atmosphäre, dem Licht und der ehrfürchtigen Ruhe. Dann leitet uns der Guide über den Knopf im Ohr zu den Sehenswürdigkeiten.

Bei einer dieser Führungen, in Salamanca, widmet sich der „Erzähler“ neben den historischen Fakten auch sehr intensiv der katholischen Symbolsprache. Beim Zuhören merke ich, dass ich mich innerlich total gegen das Gesagte sperre. Ich stelle mir vor, wie diese Texte auf Menschen wirken, die bisher keinen oder wenig Kontakt zum Katholizismus hatten, was mich zum Erschaudern bringt. Da ist fortwährend von schrecklichen Szenarien die Rede, von Steinigungen, Märtyrertum, dem gekreuzigten Jesus; davon, dass im Gottesdienst Jesu Blut getrunken und sein Fleisch gegessen wird, Erbschuld und Buße. Dann Erklärungen zu einer Darstellung der Heiligen Agathe, die ihre abgeschnittenen Brüste auf einem Tablett trägt und jede Menge Bilder vom Fegefeuer und Dämonen. Mal ehrlich: da erscheint einem die abstruseste Sekte doch harmlos gegen, oder?

Leider muss ich sagen, dass sich Kirche nicht nur hier so düster und schwer präsentiert; Freude, Leichtigkeit, Humor bleiben außen vor. So stellen wir am Ende des Urlaubs zwar fest, dass uns die Architektur und die Kunstschätze begeistert haben, wir aber keinen durchbohrten Jesus, keine händeringenden Menschen im Fegefeuer oder verstümmelte Heilige mehr sehen wollen.

Wie wohltuend und Hoffnung gebend ist da eine Madonnenstatue in Toledo. Maria lächelt verschmitzt und die Art und Weise, wie sie dargestellt ist, lässt uns zurücklächeln.

Ein solches Gottesbild wünsche ich mir. Eines, dass mich nicht erschaudern, sondern lächeln lässt.

Andrea Pohlen