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Grassroots

Ein Mann bleibt an der Bank stehen, schaut sich die beach flag mit unserem Logo an, wirft dann einen Blick auf uns Frauen und sagt: „Normalerweise hätte ich ja hier nicht angehalten. Dass hier zwei Frauen mit einer Kirchenbank stehen, macht mich neugierig.“  Seine Frage an uns: „Wie bescheuert muss man als Frau sein, sich für diese Kirche zu engagieren?“
Wie sich im Gespräch herausstellt, geht es nicht nur um objektives Unverständnis einer skandalumwitterten und aus der Zeit gefallenen Amtskirche, sondern darüber hinaus und zuguterletzt noch um eine sehr schlechte persönliche Erfahrung mit ihrem Bodenpersonal.

Eine pointierte, provokative Frage an uns.  Wir fragen uns: Sind wir wirklich bescheuert? Der Laden explodiert an allen Ecken und Enden und wir zerren eine ausrangierte, fleckige Kirchenbank aus einer sehr brüchig gewordenen Kirche ins Freie. Insofern: Ja, wir sind bescheuert, aber auch verrückt genug zu glauben: Da geht noch was. Die Bank als Metapher für eine moderne, flexible katholische Kirche, die sich auf die Bedürfnisse der Menschen an den unterschiedlichen Lebensorten einstellt und hier anders sein darf als an anderen Orten.  Eben so, wie es die Menschen brauchen und wie sie es für sich definieren.  Woher diese Angst vorm Verlust der Einheit, wo wir uns doch vom Vertrauen auf die göttliche Führung leiten lassen sollen, wie ich es gefühlt hundertfach in Gottesdiensten gehört habe ?

Kirche braucht dringend strukturelle Reformen durch diejenigen, die die Richtung bestimmen. Kardinal Marx hat dafür ein gutes Zeichen gesetzt. Aber wir dürfen nicht vergessen: Grundlegend erneuern kann sie sich nur als Grassrootsbewegung von unten nach oben. Und das heißt, sie vom Kopf auf die Füße zu stellen. Wachsen statt ausreißen. Aufbauen statt austreten. Es braucht dazu die Vernetzung vieler aktiver kleiner und größerer Initiativen an den jeweiligen Lebensorten, die Kirche von innen heraus autonom und selbstbestimmt neu aufbauen und kernsanieren – diakonisch und liturgisch.

Damit die göttliche Verheißung von Jesaja Wirklichkeit werden kann: „Seht: ich mache alles neu. Es sprosst ja schon“.

Wir sind „empowered“ von Gott. Er mischt sich nicht ein, gibt aber Halt und Kraft und lässt uns die Freiheit, unser Leben und unseren Glauben selbst zu gestalten. Er allein ist letztlich der Boden, auf dem wir stehen. Und kein Mensch, keine Kirche kann uns von Gott trennen, auch nicht Verbote und Restriktionen. Gott ist da und will immer wieder neu bei uns werden, weil oder obwohl er im Kern der Alte bleibt  – glaube ich zumindest.

Fröhlich sein, Gutes tun und die (meckernden) Spatzen pfeifen lassen. Alles andere wäre (……..)? !

Margit Umbach

Foto: Ochir- Erdene-Oyounmedec on unsplash