„Achtung an Gleis 1, ein Zug fährt ein“, kündigt die Lautsprecherstimme am Dürener Bahnhof an. Wenige Minuten später beobachte ich ein hektisches Ein- und Aussteigen der Fahrgäste und ein wildes Durcheinanderlaufen am Bahnsteig. Mitten in dieser Bahnhofshektik wirkt unser Standplatz der Kirchenbank ver*rückt in unmittelbarer Nähe wie eine Ruheoase, die nicht zuletzt durch wunderbare Gitarrenmusik zum „Anhalten“ einlädt.
Dabei wurde ich daran erinnert, als ich vor einigen Jahren als Berufspendler selbst viele Stunden mit dem Zug und an Bahnhöfen unterwegs war. Wie sonst eher selten möglich, treffen dort Menschen aller Altersgruppen und Kulturen mit ihren unterschiedlichen Lebenskonzepten aufeinander. Ich habe mich damals häufig gefragt, was wohl dem Einzelnen durch den Kopf geht und was sie oder ihn beschäftigt. Aber ins Gespräch zu kommen, war im hektischen Treiben der Zug- und Bahnhofsatmosphäre kaum möglich und aus heiterem Himmel vielleicht auch etwas befremdlich.
Ganz anders zeigen sich die Begegnungen an unserer Kirchenbank am Bahnsteig an der Drehscheibe, Dort entstehen bereichernde Gespräche mit der im roten Mantel gekleideten Frau, die gerade von der Arbeit kommt oder dem betagten Mann, der sich mir interessiert zuwendet. Mit ursprünglich völlig unbekannten Menschen, deren Gedanken man (wenn überhaupt) nur erahnen konnte, sind persönliche Momente entstanden, die man im Vorfeld so nicht unbedingt erwartet hätte.
Es sind an diesem sonnigen Herbsttag aber nicht nur die Gespräche, die mich berührt und dankbar zurücklassen, sondern auch die erlebte Hilfsbereitschaft beim Auf- und Abbau unserer Utensilien durch Persönlichkeiten, die sonst eher am Rand der Gesellschaft stehen und mit Vorurteilen zu kämpfen haben.
Man sollte einfach wieder mehr ins Gespräch kommen, egal wo und mit wem. Es gehört Mut dazu, aber es lohnt sich. Anhalten, Luft holen und sich offen Zeit für ein Gespräch nehmen – das kann so gut tun und ein reicher Erfahrungsschatz sein!
Michael Müller