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Pfingsten – ein deutliches Zeichen der allumfassenden Liebe Gottes – jeden Tag!

An Pfingsten haben die Apostel die Erfahrung gemacht, dass es etwas gibt, das alle Menschen verbindet. Die Apostel beherrschten die Gabe der Zungenrede (die übernatürliche Fähigkeit einiger früherer Christen, die es ihnen ermöglichte, eine Sprache zu sprechen, ohne sie zuvor gelernt zu haben); so konnten sie Andere in deren Muttersprache verstehen. Die schlimme Erfahrung, die die Menschen am Turm von Babel gemacht haben, findet beim Pfingstereignis ihre positiven Gegenpole (Gen 11,1-9). Denn alle sprachlichen Missverständnisse, die das Zusammensein unter den Völkern erschwerten, wurden beim Pfingstereignis überwunden (Apg 2,1-13). Wenn ich auf dieses Ereignis schaue, sehe ich drei Momente , die in Bezug auf das Miteinander in der Kirche und in der Gesellschaft sehr hilfreich und relevant sind: Eine Kraft, die alle Menschen zusammenbringt, eine Kraft, die die Veränderung bei den Menschen bewirkt und eine Kraft, die jedem Menschen geschenkt ist. 

Beim Pfingstereignis erfahren die Menschen die Gewissheit, dass es eine Kraft gibt, die größer ist als alles, was Menschen trennen kann. Dass die Zuhörerinnen und Zuhörer die Worte der Apostel und der Freunde Jesu in ihrer jeweiligen Muttersprache gehört haben, bedeutet für die Kirche, dass sie als  “Leib Christi” all- und alles- umfassend ist. Sie ist von Geburt und Wesen her bunt und vielfältig und sollte sich durch diese Vielfalt bereichern lassen. Somit macht Pfingsten deutlich, dass der Heilige Geist diese Kraft ist, die den Menschen beisteht, damit sie alle eins sind, wie Jesus mit seinem Vater eins ist.  Dieses Eins-Sein bedeutet nicht, dass alle Differenzen beim Zusammensein keine Rolle mehr spielen. Vielmehr ermutigt uns die Pfingsterzählung dazu, anderen wertschätzend und ohne Vorurteile zu begegnen. Sie deutet an, dass sich Gott nach allen Menschen sehnt. Er liebt sie und sie sind von ihm geliebt und vor ihm gleichwertig und willkommen. 

Pfingsten weist nicht nur auf diese nach meinem tiefsten Glauben göttliche Kraft hin, die die Basis für das Miteinander und die friedliche wechselseitige Beziehung zwischen den Menschen bildet, sondern ermutigt und schenkt auch die Kraft zur Veränderung. Am Pfingsttag sind die Freunde und Freundinnen Jesu aus der Angst herausgekommen, und sie haben die Botschaft der Liebe Gottes zu den Menschen verkündet, während die Machthaber dieser Zeit der Überzeugung waren, alles sei mit der Kreuzigung Jesu beendet und ausgelöscht. Den Aposteln drohten Verfolgung oder sogar das Martyrium, trotzdem haben sie am Pfingsttag den Mut gehabt, gegen den Wind zu segeln. Selbst angesichts der Gefahr, getötet zu werden, bleiben sie mutige und freie Menschen und bezeugen ihren Glauben an Jesus Christus.

Ein anderer wesentlicher Aspekt von Pfingsten ist für mich, dass die Kraft des Heiligen Geistes jedem geschenkt ist. Es zeigt sich auch an anderen Stellen in der Heiligen Schrift, dass die Menschen die Kraft des Heiligen Geistes erfahren haben. So wird etwa in der Apostelgeschichte (Apg 10,44-47)) deutlich, dass der Heilige Geist nicht nur auf die gläubigen Juden bzw. auf die sogenannten “Auserwählten” ausgegossen wurde, sondern auch auf die Heiden. Daher bezeugte Petrus, ihnen die Taufe nicht verweigern zu können, denn sie haben den Heiligen Geist genauso wie alle anderen (Apostel, gläubige Juden…) empfangen. Dies ist für mich ein wichtiger Punkt für alle Menschen, die an Gott und an seine Kraft der Liebe und der Veränderung glauben. Für alle Menschen sollte gelten, dass sie als Kinder und Freunde Gottes immer wieder Platz finden können bei den Mitmenschen, die sich auch als Freunde Gottes bezeichnen.

Für die Kirche bedeutet dies, dass sie allen Menschen den Raum zur persönlichen Entfaltung ermöglichen sollte, indem sie sich von deren Unterschiedlichkeit und der Vielfalt der Nationen, Kulturen und Lebensräume prägen lässt und sich so im Licht der Botschaft der Liebe Gottes  der Menschheit zuwendet.

Wenn es der Kirche gelingt, aus der Vielfalt eine Einheit zu schaffen, dann steht sie als Zeichen der Hoffnung für unsere von Rivalität, Angst, Hass und Feindschaft gespaltene Welt.

Denn die Kirche hat nach den Worten des großen Theologen unserer Zeit Henri Nouwen die Berufung, lebendiges Zeichen der Liebe Gottes zu sein, die alle Spaltungen überbrücken und alle Wunden heilen kann.

Pierre-Willy Ngeyitala

Foto: Alexander Grey on unsplash