Diese Frage mag zunächst verwundern, ist jedoch durchaus ernst gemeint.
Vor einigen Jahren sorgte eine Werbung für reichlich Wirbel: „Weihnachten wird unterm Baum entschieden“ hieß der Slogan, mit dem Weihnachten endgültig als Fest des ultimativen Kommerzes zementiert werden sollte. Immerhin hat die Aufregung darüber dafür gesorgt, dass der spirituelle bzw. christliche Sinn des Festes wieder mehr Beachtung fand.
Gerade in Zeiten äußerer und innerer Kälte kann es passieren, dass immer mal wieder Sehnsucht nach dem, was uns erfüllt, was uns glücklich macht, verstärkt an unsere innere Tür klopft. Da tut es gut, dieser Sehnsucht Raum zu geben und zu spüren, was es ist, was ich wirklich brauche, um dieses Glück erfahren.
Ich möchte das Bild von Josef Beuys und die Gedanken dazu von Franz Meurer, Priester in den sozialen Brennpunktvierteln Köln Höhenberg und Vingst, noch einmal aufgreifen. In diesen Tagen der Verunsicherung, vieler Fragen und so manchen Sorgen erscheinen sie mir aufs Neue passend:
„Eine schwarze Tafel, darauf das Wort Mensch.“ Das ist doch keine Kunst, werden manche denken, das kann doch jeder. Genau, das ist der Kick. Das kann jeder. Jeder kann „Mensch“ sagen. Wer „Mensch“ sagt, hat sich festgelegt. Auf Gastfreundschaft und gleiche Würde. Damit wird er zum Künstler, denn er kann es ja: Mitbauen an einer sozialen Wärmeskulptur. Wer „Mensch“ sagt, baut an einer sozialen Plastik. Auch Gott hat Mensch gesagt, er ist es geworden. Wahrscheinlich ist Weihnachten für die meisten Christen deswegen das wichtigste Fest, weil sie spüren, da ist Gott nicht außen vor, sondern mittendrin. Mit Haut und Haaren. Mensch.“
Nein, Weihnachten wird weder unterm Baum noch am Baum entschieden und auch nicht unbedingt in der Kirche. Sondern in unseren Herzen, die sich öffnen für das geschwisterliche Mensch sein. Jesus ist gekommen, um uns dazu zu ermutigen.
Gott, wie haben wir uns ihn vorgestellt?
Als alten Mann,
der nicht lacht und nicht weint:
Ein alter Mann, der zornig werden kann
und der immerzu droht und gebietet?
Aber er kam still in unser Herz,
er kam als Kind, das sich in die zärtlichen
Arme der Mutter schmiegte.
Man gab ihm den Namen Jesus.
Das Kind Jesus lachte und weinte,
spielte und wuchs heran wie wir alle.
Er war stark, er beschützte die Kleinen
und Schwachen.
Er hat uns gezeigt, was Freiheit ist
und dass die Liebe nie endet.
(Benoit Marchon)
In dem Sinne wünsche ich Ihnen frohe Weihnachten!
Text: Dorothee Wakefield
Gemeindereferentin
Photo: bimo-mentara-YQPRj8AnzNc-unsplash
Joseph Beuys „Mensch“ (1983)
https://www.thebroad.org/art/joseph-beuys/9-postkarten-mensch-9-postcards-man?page=1